Herr W. weiss nicht mehr, wer er ist und wer er war. Er hat sogar seinen Namen vergessen. Den Namen seiner Frau auch. Ob er Kinder hat, weiss er nicht mehr. Er weiss auch nicht, was er von Beruf war. Er weiss fast nichts mehr von früher. Nur ein paar wenige Sachen aus seiner Kindheit weiss er noch. Den Namen von seinem besten Freund, die Telefonnummer der Grossmutter und das Datum, als seine Katze gestorben ist. Und manchmal, er weiss nicht woher und wieso, fällt ihm ein Lied ein. Dann weiss er plötzlich alles ganz genau: Die Melodie, den Refrain und alle Strophen. Und so tauchen dann auch wieder Erinnerungen auf.
Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive des Pflegers Dustin. Andreas Schertenleib spielt Herrn W. und seinen Pfleger im schnellen Wechsel. Und er spielt auch Andreas. Als Erzähler der Geschichte erlaubt sich Andreas, eigene Erfahrungen einfliessen zu lassen. Er erzählt beispielsweise von seinem Vater, der über neunzig ist und darunter leidet, dass er nicht mehr gut erzählen kann. So verbindet er die fiktionale Geschichte von Herrn W. mit der Realität und schafft Nähe zum Publikum.
Diese Erzählform ermöglicht einen verspielten und humorvollen Umgang mit dem existentiellen und aktuellen Thema des Vergessens (Demenz, Alzheimer). Einerseits ist das Thema gesellschaftlich aktuell, andererseits ist der Autor und Schauspieler Andreas Schertenleib in seinem Umfeld persönlich damit konfrontiert. Er schreibt:
„Als Vorbild für Herrn W. dient auch mein verstorbener Schwiegervater. Mein Verhältnis zu ihm war konfliktreich, bis er seine geistigen Fähigkeiten mehr und mehr einbüsste und vieles vergass. Die Gnade des Vergessens erlaubte auch mir, die schwierigen Situationen hinter mir zu lassen und mich ganz auf die Gegenwart mit ihm einzulassen. So wurde ich in seiner letzten Zeit zum freundschaftlichen Begleiter. Mehrmals entführte ich ihn zum Beispiel mit dem Rollstuhl aus dem Altersheim. Wir fuhren in den Jura und taten, was er zeitlebens gerne tat: Das Leben geniessen. Also zum Beispiel mitten am Nachmittag ein „Halbeli“ Weissen trinken und ein „Zvieriplättli“ essen.
So lehrte mich mein pflegebedürftiger Schwiegervater, den Moment zu geniessen. Und ich konnte sehen, dass die Demenz nicht per se ein bedauernswerter Zustand ist, sondern einfach ein neuer Bewusstseinszustand, von dem ich viel bekomme, wenn ich offen dafür bin.“
Text und Spiel: Andreas Schertenleib
Dramaturgie und Regie: Ueli Blum
Die Bar im Schlosshof ist ab 19 Uhr geöffnet.